Silverrudder 2018: Bericht von Dietrich

Gemeldet hatten 450 Segler!!! Die Startplätze waren innerhalb von ca. 45 Minuten vergeben.

Ich hatte in diesem Jahr zum besseren Kennenlernen der Region mehrmals Fünen gerundet und bin im Rahmen dessen auch erstmals nachts alleine gesegelt. Das hat schon was. Ich war recht früh in Svendborg, um mich dort in Ruhe umzuschauen und um auch einen guten Liegeplatz mit Stromanschluss zum Laden der Batterien zu bekommen. Ich wollte möglichst nicht im 6er-Päckchen liegen. Der Hafen ist groß und hat eine sehr gute Infrastruktur. Schon eine Woche zuvor war zum Regattatermin Starkwind angekündigt. Doch solche Prophezeiungen ändern sich ja oft noch. Diesmal allerdings nicht. Die Kaltfront von Knud mit vorhergesagten Windgeschwindigkeiten bis 10 bft querte just am Tag des vorgesehenen Starts die Regattastrecke. Die Regattaleitung hat glücklicherweise entschieden, den Start um einen Tag zu verschieben. Für die gesamte Stecke bis zur Deadline verblieben dann allerdings nur noch 30 Stunden.

Start war also am Samstag früh, Schluss am Sonntag um 15.00 Uhr. Fünen rund im Uhrzeigersinn.

Wetterbericht beim briefing am Freitagnachmittag:
West 6-7, in Böen bis 8, schwere Schauerböen, evtl. Gewitter. Abnehmender Wind ab Abend. Ich entschloß mich trotzdem zu starten. Der Wind sollte ab Abend abnehmen, und es sollte jetzt im Uhrzeigersinn gesegelt werden (anfangs sollte die Richtung entgegengesetzt sein), so dass die Kreuz nicht nördlich von Fünen gegen schwere See anstand, sondern südlich zwischen Insel wo man eventuell Schutz finden konnte und wo es bei Bedarf Häfen zum Anlaufen gibt.

Von den 450 gemeldeten Booten starteten noch ca. 150. Im Ziel ankommen sollten 53. In meiner Gruppe Start mit 44 anderen Yachten im engen Sund bei 3-4 kn Strom. Irre. In anderen Startgruppen liefen schon Yachten vor oder ganz kurz nach dem Start auf Grund.

Bei mir rauschte 3 Minuten vor dem Start die Fockschot aus. Knoten ging auf. Totales Wooling der Schoten auf dem Vorschiff, killende Segel. Motor war nicht gestattet. Selbststeueranlage an. In möglichst ruhige Ecke vor dem Hafen verholt, auf dem Vorschiff alles entheddern und 10 Minuten nach dem Start die Linie überqueren. Um ca. 9.28 Uhr passiere ich die schmale Svendborgsundbrücke, wie im Startvideo des Veranstalters zu sehen ist. Mein Schiff hat ein Vorsegel mit drei knallroten Ecken.

Wenigstens war ich gestartet!

Kurz hinter der Brücke öffnete sich selbstständig der Fallschäkel der Kutterfock. Scheiße. Erst mal nur mit dem Groß weitersegeln. Es ist alles zu eng mit der Gefahr auf Schitt zu laufen. Zehn Minuten später brach der Block des Schmeerreeps des 3. Reffs. Noch mal Sch… Der Sund war immer noch zu schmal zum aktiven Eingreifen. Zeit zum Aufgeben? Ich schaffte es noch mit unmöglichem Segelstand bis zu einer breiteren Stelle im Sund. Meine Mitstarter waren zum Glück schon fast alle weit voraus. Die Kutterfock wurde mit dem Spifall gesetzt. Jetzt war ich wieder einigermaßen manövrierfähig. Dann noch das 4. Reff einbinden, und dann konnte ich endlich beschwerdefrei weitersegeln. Die ersten Yachten, die meist wegen Schäden aufgaben, kamen mir schon entgegen. Zerrissene Segel und anderer Bruch. Einige liefen auf Grund.

Die Kreuz ging über ca. 20 sm bei 6-7 bft und kurzer steiler, aber nicht allzu hoher Welle. Max 39,7 kn am Windmesser. Strom gegen Wind. 49 Wenden. Ich musste alles per Hand steuern, die Selbststeueranlage war überfordert. Mit meiner Kutterfock aus schwerem Tuch und dem 4. (!) Reff im Groß war die Segelfläche richtig und gut ausgewogen. Böen mit 8 bft konnte ich mit Öffnen des Groß gut wegfieren. Höhe und Geschwindigkeit am Wind waren OK. Meine Nordborg 34 lief gut.

Regen, der die Wellen richtig platt machte, kräftige Regenbögen vor schwarzem Himmel. Ich war überfordert, das in Bildern festzuhalten. Dann kam mir Black Maggy mit gebrochenem Mast entgegen, ein wunderschönes Schiff aus Kohlefaser und Teak. Sehr schade.

Ich habe all die Bilder in meinem Kopf gespeichert.

Ich war richtig froh, dass ich am Spätnachmittag nicht mehr wenden musste und einige Stunden später leicht abfallen konnte. Das Schlimmste war überstanden. Wind und Wetter waren wie vorhergesagt, d.h. ab Abend wurde es ruhiger. Zum Glück. Die Nacht war schön! Beinahe Vollmond und deshalb über lange Zeit recht hell. Im kleinen Belt bei Middelfart stand bei geringerem Wind Gegenstrom, aber hallo. Unter einer Brücke hat es mich wieder zurückgetrieben, ich habe dann eine andere Passage gesucht. Stunden hat es gedauert, diese Engstellen zu passieren. Es gibt halt nicht überall einen Neerstrom.

Um Mitternacht konnte ich etwas aufatmen, es hatte sich jetzt alles etwas entspannt. Raumer und Vorwindkurs war bei 5-6 bft nicht mehr aufregend. Schon vor dem Hellwerden konnte ich ausreffen, später die Kutterfock wegnehmen und mit der Genua die restliche Etappe segeln. Kurz nach 12.00 Uhr überquerte ich die Ziellinie. Geschafft. Finisher.

Ich war total geschafft und für meinen Rücken war das sicher nicht die beste Gymnastik. Aber schon irgendwie glücklich und auch stolz. Einige von Euch haben mir die Daumen gedrückt, das tat gut – und hat geholfen. Es war ein Erlebnis.

Trotz der wetterbedingten Schwierigkeiten und der nachträglich erheblichen Diskussionen hat sich die Regattaleitung in meinen Augen umsichtig verhalten. Die gesamte Organisation war sehr gut.

Werde ich im nächsten Jahr wieder starten? – Nein. Der Körper wird älter.

Beste Grüße aus Dänemark

Dietrich

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Block Reff 4
Finisher
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