2019-05-30 bis 06-02 Wildwasser im Berner Oberland am Himmelfahrtswochenende

Am Himmelfahrtswochenende stürzten sich 6 Paddler des WHW ins kühle Nass der Bäche im Berner Oberland. Julia, Markus, Dominik und Rob aus dem erweiterten Kreis der Polos gesellten sich zu Ute und Klaus, die die Fahrt organisierten und für Ordnung auf dem Bach sorgten. Jürgen musste leider kurzfristig absagen, hinterließ uns aber den Komfort eines gebuchten Chalets auf dem Campingplatz in Oberwil.

Tag 1 (30.05.2019): (kleine) Emme von Hasle Bahnhof bis kurz vor Fontanne-Mündung.

Wir hatten zwar die Simme direkt vor der Haustür, doch nutzten wir die Gunst der Stunde: Die (kleine) Emme ist ein regengespeister Wald- und Wiesenbach, der nach ergiebigem Regen im Vorfeld der Tour einen guten Wasserstand aufwies. Etwa 90 Minuten dauerte die Anfahrt zum Einstieg am Einstieg am Bahnhof von Hasle LU. Es ging mit einer kurzen Strecke Zahmwasser zum Einpaddeln los, bevor kurz vor der Einmündung des ersten Seitenbachs eine Stufe mit verwalztem Unterwasser die Rexy-Piloten Julia und Rob zu den ersten Stunts des Trips zwang.

Der Bach hatte einen drop-and-pool Charakter: Zwischen verblockten Schwällen kamen immer wieder Fließstrecken, die es einem erlaubten, sich zu sammeln und die nächste Stelle zu besichtigen. Erwähnenswert ist die alte Mühle (erkennbar an Inseln aus dunklen runden Konglomeratfelsen, die am Horizont auftauchen). Die Hauptlinie war eine Rutsche über knapp überspülte Felsen und endete in einem tiefen Loch, welches laut Ute, die unbeeindruckt durchschoss, nicht wackelt oder zieht. Dominik schaffte es, das Loch links auf einer Stromzunge zu umfahren. Der Rest umtrug und sah dabei eine Chicken line, welche sich nach Besichtigung ganz links anbot. Nach einigen weiteren Schwällen folgt die einzige unfahrbare Stelle der Emme: Der Bach zwängt sich durch einen ca. 20m langen Kanal, der an einigen Stellen vielleicht gerade einmal bootsbreit ist. Die Stelle ist gut erkennbar, weil der Bach sich vor den Felswänden aufstaut und eine schwarz-orange marktierte Wasserleitung(?) an der Stelle über den Bach gespannt ist. Entsprechend konnte auch sehr einfach linksufrig über den durchbrochenen niedrigen Fels umtragen werden.

Tag 2 (31.05.2019): 2x Simme von Bahnübergang/Sägewerk(?) Boltingen bis Kraftwerk Erlenbach und Boltingen bis Buuschebachmündung (links) Därstetten.

Die Simme ist im oberen Abschnitt bei Boltingen kanalisiert und bei den steilen, dicht bewachsenen Ufern war es nicht so einfach, einen guten Einstieg zu finden. Letztendlich stiegen wir ca. 1km unterhalb der Ortschaft Boltigen bei einem Sägewerk direkt hinter einem Bahnübergang ein. Bis auf etwas, das vielleicht mal ein Blockwurfwehr war (300m nach dem Einstieg) steigert sich die Simme langsam von einem kanalisierten Fluss ohne Hindernisse zu einem leicht verblockten Bach, der hier und da von einer Wand um die Kurve geleitet wird. Insgesamt WW II-III. Ab der überdachten Holzbrücke (ok, davon gibt es an der Simme mindestens 10) bei Heideweidli (die Verblockung im Schwall war weitgehend abgesoffen und konnte mittig rechts gut befahren werden) steigerten sich die Schwierigkeiten und die Häufigkeit der Schwälle, welche leicht verblockt und mit einigen Walzen und rückläufigen Stufen etwas mehr Aufmerksamkeit forderten.

Beim ersten Run befuhren wir die kompletten 14km Strecke bis zur Leiter am Kraftwerk in Erlenbach, jedoch zogen sich die letzten Kilometer. Daraufhin beschlossen wir, die folgenden Runs schon bei der neu gebauten Holzbrücke in Därstetten (vor der linksseitigen Mündung des Buuschebachs) zu beenden. So entgingen uns zwar noch ca 1-2 interessante Kilometer mit nettem WWII (darunter eine idiotensichere Surfwelle), aber dafür konnten wir die wildwassertechnisch interessantesten Abschnitte häufiger befahren.

Insgesamt befuhren wir die Simme drei Mal. Beim zweiten Run mit 22m3/s merkten wir wenig von der gestiegenen Wasserwucht aber dafür wurden einige Walzen für die Rexy-Piloten etwas giftiger, während Ute eine innige Bindung zu einem klebrigen Rücklauf entwickelte. Beim letzten Run am Abend des 01.06. hatte die Simme in Oberwil einen Abfluss von 25m3/s, was im Vergleich zum ersten Run ihren Charakter völlig änderte: Die Schwälle wurden spürbar wuchtiger und länger. Gleichzeitig waren viele kleine Löcher und Steine abgesoffen, sodass man zumeist mit Raketengeschwindigkeit über das Wasser schoss und bei den meisten Stellen von den Wassermassen rausgespült wurde.

Rückblickend ist zur Simme zu sagen, dass sie bei jedem Run mit neuen interessanten Stellen auf uns wartete und selbst die kleinen Pegelschwankungen ihren Charakter stark veränderten, was sie zu einem abwechslungsreichen und vielseitigen Bach macht. Am Abend stieß Markus zu unserer Gruppe und durfte sich erst die Heldengeschichten der ersten beiden Tage und danach das Geschnarche von Rob anhören.

Tag 3 (01.06.2019): Saane von Klärwerk hinter Flugplatz Saanen bis Chateau d’Oex und Abendrun auf der Simme von Boltingen bis Buuschebachmündung Därstetten.

Die Saane hat keinen zuverlässigen Onlinepegel, da dieser hinter einem Kraftwerk liegt und nichts über die fahrbaren Abschnitte aussagt. Campingplatzgemurmel ließ aber verlauten, dass dort ein ordentlicher Pegel herrsche und die Befahrung sich sehr lohne. Gesagt getan: Wir fuhren unterhalb der Straße 11, knapp hinter dem Flugplatz Saanen runter zur Brücke am Klärwerk (ARA Saanen) und paddelten bis zum Campingplatz bis Chateau d’Oex, auch als Zeckenhausen bekannt. Das Saane-S und der darauffolgende Katarakt wurden bereits beim Umsetzen aus 50m Höhe ausgiebig bestaunt und von dort aus für recht unangenehm befunden. Unberechtigt, wie sich im Nachhinein herausstellen sollte.

In der Waldschlucht am Anfang der Strecke (sehr ansehnliches WW III) und auf den darauffolgenden Kilometern zwischen Felsen und Wäldern (WWII-III) flimmerte die Luft vor lauter Fliegen. So gesehen übten wir uns darin, einhändig zu paddeln (die andere Hand war schützend vor die Nase gehalten), lauthals zu fluchen und uns gegenseitig zu unseren Techniken der Insektenexhalation zu beraten. Kein Witz, richtig mies. Vermutlich hätte man unter Wasser besser atmen können.

Im weiteren Verlauf des Baches stiegen die Felswände empor und die Fliegen verschwanden. Eine angespülte Wand wies den Weg in die Gerignoz-Schlucht mit ihrer beeindruckenden Klamm. Dann das Saane-S, welches von unten gar nicht so übel aussah wie von oben. Prinzipiell auch ohne großen Ärger rechts zu umtragen aber alle nahmen es in Angriff. Durch den hohen Wasserstand war das Saane-S eher zu einem Hohes-C geworden: der erste Teil der Verblockung war überspült und eröffnete einen Schleichweg ins erste Kehrwasser. Von dort aus starke Strömung nach links in ein hässliches Loch. Ute, Klaus und Dominik meisterten die Durchfahrt ohne Probleme. Markus gelang dabei eine besonders schöne Linie, während Julia noch am Loch schnupperte und Rob nach vermasselter Anfahrt gleich komplett darin versank.

Der verblockte Katarakt hinter dem Saane-S hatte einige großere Walzen und bisschen Verblockung parat, lief aber ohne größere Zwischenfälle glatt. Bis zum Campingplatz folgten noch einige wenige Schwälle sowie eine schöne Spielstelle.

Am Ausstieg brannte die Sonne auf uns herab und weckte Lust auf mehr Bach. Julia setzte sich mit dem Vorschlag durch, zurück ins Simmental zu fahren und dort einen Abendrun auf der Simme zu machen. Eine der besten Ideen des Trips (siehe oben)!

Tag 4 (02.06.2019): schwarze Lütschine von Kraftwerk Lütschental bis Zweilütschinen (4km WW III/III+) und Lütschine von Straße unterhalb von Zweilütschinen bis Brienzersee (ca. 2km WW I-II).

Als Abschlussrun hatten wir uns die schwarze Lütschine ausgesucht, die den Grindelwaldgletscher entwässert und bei den heißen Temperaturen erwartungsgemäß einen guten Wasserstand aufwies. Klaus und Ute navigierten uns zum gesperrten Flussabschnitt, der umfahren werden muss (WW V, gesperrt) und machten sich auf dem Heimweg. Dominik stieg knapp unterhalb des Kraftwerks ein und nahm noch eine IV-er Stelle mit, während Julia, Markus und Rob darunter sicherten und an der Brücke von Lütschental selbst in die Boote stiegen.

Die schwarze Lütschine ist ein flacher Bach, der an den meisten Stellen keinen Meter tief ist, und sich schnell und steil zwischen vielen Blöcken den Weg in Richtung Brienzersee bahnt. Das Wasser ist, wie der Name verrät, durch das Granitmehl grau-schwarz und lässt keinen Blick auf Hindernisse unter der Wasseroberfläche zu. Daher war die Devise, sauber durchzukommen und nicht zu riskieren, über oder unter Wasser Steine mitzunehmen. So erhielt unsere Paddeltour einen angemessenen sportlichen Abschluss mit 4km kontinuierlichem, steilen WWIII und 1km Auspaddeln bei schneller Strömung. Nach einem kurzen Umsetzer paddelten wir die letzten 5 km in den tiefblauen Brienzersee, wo Julia und Markus sich mit und ohne Boot erfrischten, bevor wir den langen Heimweg antraten.

Ein großes Dankeschön von der Polo-Fraktion geht an Klaus und Ute, die den Trip organisiert haben und mit ihrer Erfahrung super Entscheidungen bei der Auswahl und Befahrung der Bäche getroffen haben.